Ein Biberbau als Stolperfalle
Eine Frau aus Schwabmünchen stürzt in ein Loch. Ihr Bein ist verletzt.
Für mehr Sicherheit auf den Feldwegen zu sorgen, ist aber kaum möglich
Schwabmünchen Putzige Tierchen,
die mal einen Baum annagen – das
ist das übliche Bild, das die meisten
Menschen vom Biber verinnerlicht
haben. Aber der Biber ist auch ein
großer Baumeister unter Tage und
bekannt dafür, Dämme zu errichten
sowie meterlange Tunnel und tiefe
Löcher zu buddeln.
Das wurde nun einer Schwabmünchnerin
zum Verhängnis. Sie
stürzte in ein Biberbauloch auf dem
beliebten Hundegassiweg hinter
dem Freibad vor der Holzbrücke an
der Singold und verletzte sich das
rechte Bein. „Plötzlich zog es ihr
den Boden unter den Füßen weg“,
sagt ihr Mann Rudolf Keller, der
sich an die Zeitung wandte. Ein Biberbau
war eingebrochen. Ein Rettungswagen
brachte seine Frau ins
Krankenhaus. Noch immer habe sie
Schmerzen und sei krankgeschrieben.
Keller will zwar keinen Schadensersatz
von der Stadt, ärgert sich
aber, dass sich niemand so recht zuständig
fühlt und keine Warnschilder
angebracht sind. „So ein Spazierweg
sollte schon sicher sein“,
sagt er. Die Polizei war ebenfalls vor
Ort und sicherte gemeinsam mit der
Feuerwehr die Stolperfalle ab. Der
Leiter der Polizeiinspektion
Schwabmünchen, Gernot Hasmüller,
berichtet von einem etwa ein
Meter tiefen, 40 Zentimeter langen
und 30 Zentimeter breiten Loch, das
seine Kollegen dort vorfanden.
Was man gegen solche Gefahren
tun kann? Nicht sehr viel, weiß der
Landkreis-Biberberater Gerardo
Pallotta vom Landratsamt: „Einen
sicheren Weg an einem Ufer zu garantieren,
ist nicht so einfach. So ein
Loch kann von einer Stunde auf die
andere oder auch über Nacht entstehen.“
Aber sobald die Kommunen
oder die Biberberater von einem
Loch erfahren, werde es zunächst
optisch abgesichert, mit Flatterband
und einer Absperrung. Das Loch
einfach, ohne vorherige Prüfung,
zuzuschütten, das geht nicht. Nach
internationalem Recht und nach
dem Bundesnaturschutzgesetz sind
Biber besonders und streng geschützt.
So streng, dass nicht mal auf
ihre Bauwerke ohne Genehmigung
der Behörde zugegriffen werden
darf. Die zum Teil recht tiefen Biberlöcher
dürfen nur verfüllt werden,
wenn der Bau nicht mehr von
den Tieren bewohnt ist. Das Loch in
Schwabmünchen an der Singold war
wohl verlassen und wurde nach Angaben
von Rudolf Keller zeitnah mit
Kies aufgefüllt.
Über einen ähnlich gelagerten
Fall urteilte erst kürzlich im März
dieses Jahres das Oberlandesgericht
Nürnberg. Eine Frau wollte
Schmerzensgeld von der Stadt,
nachdem sie sich beim Sturz in ein
Biberloch in der Nähe eines Flusses
das Sprunggelenk verletzt hatte.
Das Oberlandesgericht lehnte die
Forderung ab. Es handele sich bei
der Sturzstelle um ein Landschaftsschutzgebiet
und damit um einen
Teil der freien Landschaft, entschieden
die Richter. Diese freie Landschaft
dürfe nach dem Bundesnaturschutzgesetz
zu Erholungszwecken
von allen betreten werden. Allerdings
auf eigene Gefahr, heißt es in
der Begründung. Es bestehe keine
Haftung für typische, sich aus der
Natur ergebende Gefahren. Das Risiko
beim Betreten der freien Landschaft
liege grundsätzlich bei dem
Betretenden. Im Freistaat leben ungefähr
20.000 Biber in 5500 Revieren.
Im Landkreis treiben sich laut
Schätzungen des Biberberaters rund
1000 Tiere herum. Diese Zahlen haben
sich in den vergangenen zehn
Jahren etwa verdoppelt. An fast jedem
Gewässer ist der Nager zu finden.
„Wo Wasser ist und das Nahrungsangebot
stimmt, da gibt es
auch Biber“, erklärt Pallotta. Er bittet
alle Spaziergänger, sich vorsichtig
in der freien Natur zu bewegen
und sich der Gefahren in Gewässernähe
bewusst zu sein.