Ein Biberbau als Stolperfalle 30.07.2021

von Feuerwehr Presse | 

Biberbau

 

Ein Biberbau als Stolperfalle

 

Eine Frau aus Schwabmünchen stürzt in ein Loch. Ihr Bein ist verletzt.

Für mehr Sicherheit auf den Feldwegen zu sorgen, ist aber kaum möglich

 

Schwabmünchen Putzige Tierchen,

die mal einen Baum annagen – das

ist das übliche Bild, das die meisten

Menschen vom Biber verinnerlicht

haben. Aber der Biber ist auch ein

großer Baumeister unter Tage und

bekannt dafür, Dämme zu errichten

sowie meterlange Tunnel und tiefe

Löcher zu buddeln.

Das wurde nun einer Schwabmünchnerin

zum Verhängnis. Sie

stürzte in ein Biberbauloch auf dem

beliebten Hundegassiweg hinter

dem Freibad vor der Holzbrücke an

der Singold und verletzte sich das

rechte Bein. „Plötzlich zog es ihr

den Boden unter den Füßen weg“,

sagt ihr Mann Rudolf Keller, der

sich an die Zeitung wandte. Ein Biberbau

war eingebrochen. Ein Rettungswagen

brachte seine Frau ins

Krankenhaus. Noch immer habe sie

Schmerzen und sei krankgeschrieben.

Keller will zwar keinen Schadensersatz

von der Stadt, ärgert sich

aber, dass sich niemand so recht zuständig

fühlt und keine Warnschilder

angebracht sind. „So ein Spazierweg

sollte schon sicher sein“,

sagt er. Die Polizei war ebenfalls vor

Ort und sicherte gemeinsam mit der

Feuerwehr die Stolperfalle ab. Der

Leiter der Polizeiinspektion

Schwabmünchen, Gernot Hasmüller,

berichtet von einem etwa ein

Meter tiefen, 40 Zentimeter langen

und 30 Zentimeter breiten Loch, das

seine Kollegen dort vorfanden.

Was man gegen solche Gefahren

tun kann? Nicht sehr viel, weiß der

Landkreis-Biberberater Gerardo

Pallotta vom Landratsamt: „Einen

sicheren Weg an einem Ufer zu garantieren,

ist nicht so einfach. So ein

Loch kann von einer Stunde auf die

andere oder auch über Nacht entstehen.“

Aber sobald die Kommunen

oder die Biberberater von einem

Loch erfahren, werde es zunächst

optisch abgesichert, mit Flatterband

und einer Absperrung. Das Loch

einfach, ohne vorherige Prüfung,

zuzuschütten, das geht nicht. Nach

internationalem Recht und nach

dem Bundesnaturschutzgesetz sind

Biber besonders und streng geschützt.

So streng, dass nicht mal auf

ihre Bauwerke ohne Genehmigung

der Behörde zugegriffen werden

darf. Die zum Teil recht tiefen Biberlöcher

dürfen nur verfüllt werden,

wenn der Bau nicht mehr von

den Tieren bewohnt ist. Das Loch in

Schwabmünchen an der Singold war

wohl verlassen und wurde nach Angaben

von Rudolf Keller zeitnah mit

Kies aufgefüllt.

Über einen ähnlich gelagerten

Fall urteilte erst kürzlich im März

dieses Jahres das Oberlandesgericht

Nürnberg. Eine Frau wollte

Schmerzensgeld von der Stadt,

nachdem sie sich beim Sturz in ein

Biberloch in der Nähe eines Flusses

das Sprunggelenk verletzt hatte.

Das Oberlandesgericht lehnte die

Forderung ab. Es handele sich bei

der Sturzstelle um ein Landschaftsschutzgebiet

und damit um einen

Teil der freien Landschaft, entschieden

die Richter. Diese freie Landschaft

dürfe nach dem Bundesnaturschutzgesetz

zu Erholungszwecken

von allen betreten werden. Allerdings

auf eigene Gefahr, heißt es in

der Begründung. Es bestehe keine

Haftung für typische, sich aus der

Natur ergebende Gefahren. Das Risiko

beim Betreten der freien Landschaft

liege grundsätzlich bei dem

Betretenden. Im Freistaat leben ungefähr

20.000 Biber in 5500 Revieren.

Im Landkreis treiben sich laut

Schätzungen des Biberberaters rund

1000 Tiere herum. Diese Zahlen haben

sich in den vergangenen zehn

Jahren etwa verdoppelt. An fast jedem

Gewässer ist der Nager zu finden.

„Wo Wasser ist und das Nahrungsangebot

stimmt, da gibt es

auch Biber“, erklärt Pallotta. Er bittet

alle Spaziergänger, sich vorsichtig

in der freien Natur zu bewegen

und sich der Gefahren in Gewässernähe

bewusst zu sein.

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